Warum ist ein Institut für Prostata-Überwachung wichtig?
Das Prostatakarzinom ist das häufigste Karzinom des Mannes (etwa 60.000 neue Fälle pro Jahr) und die zweithäufigste Krebstodesursache (etwa 13.000 Fälle pro Jahr) von Männern in Deutschland. Trotz dieser Häufigkeit ist eine sinnvolle Früherkennungsuntersuchung des Prostatakarzinoms im deutschen Gesundheitssystem leider bis zum heutigen Tage nicht abgebildet.
In der deutschen S-3 Leitlinie wird der Fokus bei der Früherkennung des Prostatakarzinoms auf die Bestimmung des PSA-Wertes (Prostata Spezifisches Antigen; ein Blutwert, der bei Prostatakrebs häufig ansteigt) gelegt, sollten informierte Patienten, eine solche Untersuchung wünschen (aktuelle deutsche S-3 Leitlinie zum Prostatakarzinom, Empfehlung 4.2, Seite 31). Die Patienten sollen in der Weise informiert sein, dass sie über die Konsequenzen, welche aus der Bestimmung des PSA-Wertes erwachsen können Bescheid wissen. Hier sind insbesondere weiterführende diagnostische Methoden – z.B. die Prostatabiopsie mit einem gewissen Risikoprofil und nach gestellter Diagnose eines Prostatakarzinoms, das Risiko eine Übertherapie (mehr medizinische Behandlung als tatsächlich benötigt bzw. für die Gesundheit notwendig) zu benennen. Diese Aspekte der Früherkennung, Diagnostik und Behandlung des Prostatakarzinoms macht das Institut für Prostataüberwachung zu Schwerpunkten seiner klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeit. Dennoch ist der PSA-Wert, trotz aller damit verbundenen Probleme und Unzulänglichkeiten, der beste, früheste und genauste Indikator für eine Prostatakarzinom, den wir heute haben (Catalona WJ. History of the discovery and clinical translation of prostate-specific antigen. Asian J Urol. 2014 Oct;1(1):12-14).
Das Institut für Prostataüberwachung folgt dieser Argumentationen nicht. Das Prostatakarzinom ist, wie bereits eingangs erwähnt, die häufigste bösartige Tumorerkrankung des Mannes (fast 25% aller Krebserkrankungen des Mannes) und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache des Mannes (über 12% der Krebstoten Männer in Deutschland). Dies gilt es mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln anzugehen, denn trotz der häufig langsameren Progression (Fortschreiten) des Prostatakarzinoms versterben etwa 13.000 Männer pro Jahr allein in Deutschland (etwa 900.000 weltweit) an diesem Tumor. Eine Tatsache die wir vom Institut für Prostataüberwachung nicht weiter hinnehmen wollen und können. Es sind klinische und wissenschaftliche Anstrengungen notwendig, diese Zahlen deutlich zu senken.
Die Grundlage einer wissenschaftlichen Untersuchung bildet der Nachweis der zu beforschenden Sache. So braucht es wahrscheinlich im ersten Schritt eine gewisse „Überdiagnostik“, um die am Prostatakarzinom sterbenden Männer nicht im Stich zu lassen. Nicht jedoch muss einer ggf. zunächst notwendigen Überdiagnose auch eine Übertherapie folgen – die ja das eigentliche Problem (Nebenwirkungen und Komplikationen) darstellt. Hierfür wurden effektive kurative (die Krebserkrankung heilende) und palliative (die Symptome der Krebserkrankung behandelnde) konservative Therapiekonzepte (solche ohne Bestrahlung oder Operation) z.B. die „active surveillance“; (aktive Überwachung, sehen Sie auch unseren Bericht zur active surveillance) und das „watchful waiting“; (das kontrollierte Zuwarten, sehen Sie hierzu auch unseren Bericht zum watchful waiting) entwickelt und etabliert. Neben der Optimierung der Früherkennung und der Reduktion der Übertherapie, ist die Sicherheit der konservativen Therapieansätze der Fokus, dem sich das Institut für Prostataüberwachung in seinen klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten verschrieben hat.
Ähnlich wie bei der Früherkennungsuntersuchung verhält es sich im deutschen Gesundheitssystem mit der weiteren Abklärung suspekter Befunde der Prostata. Sinnvolle und weniger belastende Untersuchungen, wie die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) oder die PSMA PET/CT Untersuchung der Prostata, welche in anderen Gesundheitssystemen seit vielen Jahren in die Abklärung der Prostata integriert sind, werden vom deutschen Gesundheitssystem nicht finanziert. Dem Patienten wird, in der Situation eines suspekten Prostatabefundes frühzeitig die invasive (eingreifende) Maßnahme der Prostatabiopsie empfohlen. Die Prostatabiospie wird heutzutage im Wesentlichen als Fusionsbiopsie (unter Einbindung der Aufnahmen des mpMRT) empfohlen. Da aber im deutschen Gesundheitssystem die primäre Durchführung des mpMRT in der Diagnostik nicht finanziert wird, kann auch diese verbesserte Form der Biopsie-Diagnostik nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen praktiziert werden. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, wie unterversorgt und alleingelassen Männer in der Früherkennung und Abklärung des sie am häufigst betreffenden Karzinoms sind.
Nicht weniger unsicher gestaltet sich die Situation, wenn ein Prostatakarzinom diagnostiziert wurde. In dieser Situation ist das Handeln der Patienten häufig von Ängsten und Unsicherheiten bestimmt. Eine unabhängige und an den wissenschaftlich belegten Konzepten ausgerichtete Beratung und Empfehlung zu bekommen ist keineswegs selbstverständlich. Bisher werden insbesondere die aktiven Behandlungsmethoden, wie Operation und Bestrahlungstherapie, in Schwerpunktzentren mit qualitativ hochwertiger und wissenschaftlicher Ausrichtung abgedeckt. In diesem Bereich wird ein qualitativ hochwertiges und zentriertes medizinisches Angebot von Politik, Fachgesellschaften und Patienten gefordert. Die hochkomplexen konservativen Behandlungsverfahren, wie “watchful waiting”(ww, kontrolliertes Zuwarten, sehen Sie auch unseren Bericht zum watchful waiting) und “active surveillance” (as, aktive Überwachung, sehen Sie auch unseren Bericht zur active surveillance), sowie die vorgeschalteten Früherkennungsuntersuchung und Abklärung des Prostatakarzinoms werden in der breiten Fläche ohne besondere Qualitätskontrollen, Zentrierung oder wissenschaftliche Ausrichtung angeboten. Weiterhin beherrschen Zeit- und Kostendruck das deutsche Gesundheitssystem im ambulanten, wie auch im stationären Bereich. Große operative Maßnahmen (wie die radikale Prostataoperation) und intensive Bestrahlungstherapie (wie die Bestrahlungstherapie der Prostata) sind komplexe invasive Behandlungskonzepte, welche von deutschen Kliniken vorgehalten und durchgeführt werden. Die alleinige Vorhaltung der operativen und bestrahlenden Therapiemöglichkeiten ist sehr kostenintensiv. Um diese Kosten zu verteilen und letztendlich tragen zu können, bedarf es einer gewissen Anzahl von behandelten Patienten.