Golfspielende auf dem dem Golfplatz

Watchful Waiting (Aufmerksames Zuwarten)

Aufgrund umfänglicher Screening-Untersuchungen wird das Prostatakarzinom heutzutage in den meisten Fällen frühzeitig entdeckt. Jedoch nicht jeder Patient mit einem Prostatakarzinom benötigt oder eignet sich für eine aktive Therapie in Form von Operation oder Bestrahlung des Prostatakarzinoms. 

In den Medien wird sehr viel über das Prostatakarzinom berichtet. Dabei sind die Aussagen in diesen Berichten sehr unterschiedlich und teilweise widersprüchlich. Wer lange genug der Berichterstattung folgt, weiß am Ende gar nichts mehr. Man hört beispielsweise häufig, dass die Patienten mit Prostatakrebs nicht an ihrem Karzinom sterben, sondern mit ihrem Karzinom (“More men die with prostate cancer than because of it” – an old adage that still holds true in the 21st century. Cancer Treat Res Commun. 2021;26:100225). Diese Aussage lässt vermuten der Prostatakrebs sei harmlos. Das stimmt so sicherlich nicht und es bedarf einer differenzierteren Betrachtung. Das Spektrum von Prostatakarzinomen reicht von indolenten (für seinen Träger ungefährlich) bis zu hochaggressiv welche seine Träger innerhalb kurzer Zeit umbringen. Es stimmt also definitiv nicht, dass der Patient mit einem Prostatakarzinom nicht an dem Tumorleiden versterben kann. Aber es ist tatsächlich so, dass nicht jeder Patient mit einem Prostatakrebs an diesem Tumor verstirbt. Im realen Leben gilt das wohl auch für viele andere Krebsarten. Sogar außergewöhnlich aggressive Krebsarten, wie beispielsweise das Bauchspeicheldrüsenkarzinom, führen nicht bei jedem Betroffenen zum Tode. Die Frage, die es zu beantworten gilt, ist der dahinterstehende Grund. Warum führt das Karzinom nicht bei jedem Patienten zum Tode? Selbst bei dem hochaggressiven Bauchspeicheldrüsenkarzinom (die 5-Jahresüberlebensrate liegt bei gerade einmal 10% und etwa 60% der Patienten versterben im ersten Jahr nach Diagnosestellung) versterben nicht alle Patienten  (https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Bauchspeicheldruesenkrebs/bauchspeicheldruese nkrebs_node.html). Fakt ist jedoch, dass bei diesem aggressiven Tumor wohl nur sehr wenige Patienten  zuvor einem Herzinfarkt erliegen oder bei einem Unfall ums Leben kommen. Das Prostatakarzinom hat im Vergleich dazu eine 5-Jahresüberlebensrate von 89% (https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Prostatakrebs/prostatakrebs_node.html). Da ist es durchaus häufiger, dass ein Patient den Komplikationen einer Sekundärerkrankung (Herzinfarkt, Schlaganfall etc.) erliegt oder sein Leben ein natürliches Ende findet, bevor das Karzinom relevant wird. Dies ist ein sehr großes Problem bei der Behandlung des Prostatakrebses. Nicht nur muss der Krebs entdeckt werden – das Prostatakarzinom wächst bis zum Stadium der Metastasierung (das bedeutet das Absetzen von Tochtergeschwülsten in andere Körperregionen) sehr unbemerkt, sondern es muss auch noch entschieden werden, welcher Patient invasiv (mit Operation oder Bestrahlungstherapie) behandelt werden muß, um sein Leben zu retten und/oder Leiden zu verhindern. Das ist schwierig! Das Institut für Prostataüberwachung stellt sich jedoch ganz bewusst diesem herausfordernden Problem.

 Das Auffinden des Prostatakarzinoms gelingt durch Früherkennungsuntersuchungen unter Zuhilfenahme des PSA-Wertes (Laborwert aus dem Blut, Prostata Spezifisches Antigen) inzwischen recht gut (sehen Sie hierzu auch unseren Beitrag zur Früherkennung des Prostatakarzinoms). Bei Männern die regelmäßig Früherkennungsuntersuchungen beim Urologen durchführen lassen finden sich in der Regel frühe, auf die Prostata begrenzte Karzinome, welche einen kurativen (auf Heilung ausgerichteten)  Ansatz ermöglichen. Hierdurch rückt die zweite Problematik – welcher dieser Betroffenen braucht eine invasive Therapie (Operation oder Bestrahlung) und welcher nicht – sondern qualifiziert für kurative active surveillance oder palliatives watchful waiting – in den Mittelpunkt der ärztlichen Kunst. 

An dieser Stelle sei explizit darauf hingewiesen, dass zahlreiche Institutionen (z.B. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssystem (IQWIG) in Deutschland, United States Preventive Services Task Force (USPSTF) in den USA) den Einsatz des PSA- Wertes in der Früherkennungsuntersuchung des Prostatakarzinoms, aus genau diesem Grund weitgehend ablehnen (sehen Sie hierzu auch unseren Beitrag zur Früherkennung des Prostatakarzinoms). Es steht das Problem der Überdiagnose und damit verbunden der Übertherapie im Raum. Überdiagnostik und -therapie die Nebenwirkungen, Komplikationen und Belastungen produzieren und darüber hinaus viel Geld kosten (welcher Aspekt dabei der führende der Bemühungen der Institutionen sein mag sei hier offen gelassen). 

Das Institut für Prostataüberwachung folgt dieser Argumentation ausdrücklich nicht. Das Prostatakarzinom ist die häufigste Tumorerkrankung des Mannes (fast 25% aller Krebserkrankungen des Mannes (https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/krebsarten_node.html)) und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache (12%) des Mannes (https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Kurzbeitraege/Archiv2021/2021_6_Todesursac henstatistik_krebssterblichkeit.html). Trotz der häufig langsamen Progression des Prostatakarzinoms versterben etwa 13.000 Männer pro Jahr an diesem Tumor. Das können und wollen wir nicht hinnehmen. Daher sind wissenschaftliche Anstrengungen notwendig, diese Zahl deutlich zu reduzieren. Die Grundlage einer wissenschaftlichen Untersuchung bildet der Nachweis einer zu beforschenden Sache. Also brauchen wir eine gewisse Überdiagnostik, um die am Prostatakrebs sterbenden Männer nicht im Stich zu lassen. Die Reduktion der Übertherapie ist der Aspekt des Prostatakarzinoms, welchem sich das Institut für Prostata Überwachung durch seine praktische und wissenschaftliche Tätigkeit intensiv widmet. Neben dem Konzept der “active surveillance” (as, sehen Sie auch unseren Bericht zum Behandlungkonzept der active surveillance) gehört dazu auch das hier beschriebene Konzept des “watchful waiting”. 

Das Konzept des watchful waiting (aufmerksames Zuwarten) ist im Vergleich zu dem kurativen active surveillance Konzept ein palliatives Behandlungskonzept und quasi der kleine Bruder des active surveillance Konzeptes. Palliativ bedeut, dass man bei den Patienten nur auftretende Symptome behandelt. Hier werden Patienten eingeschlossen, deren Prostatakarzinom aus unterschiedlichen Gründen einem aufwendigeren kurativen Konzept (Operation, Bestrahlung, active surveillance) nicht zugeführt werden sollten. Die Patienten hören den Begriff “palliativ” nicht gerne, da sie davon ausgehen, dass sie in kurzer Zeit an dem Tumor versterben werden. Dies ist wie bereits im oberen Abschnitt ausführlich dargelegt keineswegs der Fall. Palliativ bedeutet bei dem watchful waiting Konzept lediglich, dass bei diesen Patienten die aggressiven operativen und bestrahlenden Therapieverfahren nicht durchgeführt werden sollten, weil diese Patienten weder hinsichtlich Lebensqualität noch der Lebenserwartung von diesen Maßnahmen profitieren (also nur unter den Nebenwirkungen und Komplikationen leiden). Warum aber kein active surveillance Konzept bei diesen Patienten? Das active surveillance Konzept beinhaltet zwar keine aggressiven Therapieoptionen, wie Operation oder Bestrahlung, dennoch ist es ein komplexes und mit Belastungen einhergehendes aktives und kurativ ausgerichtetes Therapiekonzept. Die Patienten müssen regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen über sich ergehen lassen, um dem kurativen Charakter dieser Behandlung gerecht werden zu können (sehen Sie auch unseren Bericht zum Behandlungskonzept der active surveillance). Im Gegensatz hierzu ist das watchful waiting Konzept ein passiv ausgerichtetes Behandlungsverfahren, welches nur reagiert, wenn es nötig ist. Im Idealfall werden die Patienten im watchful waiting Konzept des Prostatakarzinoms gelegentlich von ihrem Arzt gesehen, berichten dabei über keinerlei Symptome und sterben irgendwann eines natürlichen Todes. Dies ist beim Prostatakarzinom auch in fortgeschrittenen Stadien häufig der Fall. Bahnen sich jedoch belastende Symptome an oder treten gar zutage, kann innerhalb dieses Palliativkonzeptes schnell reagiert werden. Zur inhaltlichen Verdeutlichung mag auch der Aspekt beitragen, dass Patienten, die in das kurative Konzept der active surveillance eingegliedert sind, in das Konzept des watchful waiting überführt werden sollen, wenn deren natürliche Lebenserwartung zehn Jahre unterschreitet (aktuelle deutsche S-3 Leitlinie zum Prostatakarzinom, Empfehlung 6.11, Seite 90). Dies verdeutlicht den Hintergrund des Palliativkonzept: Nämlich eine Reduktion der Belastungen der Betroffenen, durch die im Kurativkonzept häufiger stattfindenden Untersuchungen.  

Daher gehören zu den Einschlusskriterien für das watchful waiting Konzepts neben dem fortgeschrittenen Karzinom auch die Lebenserwartung unter Einbeziehung der beim Patienten ggf. vorliegenden Sekundärerkrankungen. Es kann also durchaus passieren, dass einem Patienten mit einem niedrig Risiko Prostatakarzinom, rein aufgrund seiner Restlebenserwartung, weder Operation/Bestrahlung noch active surveillance, sondern das passive Konzept des watchful waiting empfohlen wird. 

Das Institut für Prostataüberwachung führt bei Erstvorstellung eines Patienten ein ausführliches Assesment  und der bereits vorliegenden Befunde durch. Basierend auf den erhobenen Daten wird entweder unmittelbar ein Therapiekonzept erstellt oder zunächst fehlende und weitere Diagnostik, welche zur Entscheidungsfindung notwendig sind, ergänzt.

Das Institut für Prostataüberwachung hat zum Ziel, dass die Patienten im Rahmen des watchful waiting Konzeptes nur gelegentlich gesehen und wenige Untersuchungen durchgeführt werden. So soll die Belastung dieses palliativen Therapiekonzeptes besonders niedrig gehalten werden.  Wichtig ist, dass Patienten schnell Kontakt zum Institut aufnehmen, wenn ihnen irgend etwas auffällt oder Beschwerden bereitet. 

Aufgrund von wissenschaftlichen Fragestellungen kann es vorkommen, das wir vom Institut für Prostataüberwachung die Patienten etwas häufiger konsultieren oder einbestellen. 

Bisher werden insbesondere die aktiven Behandlungsmethoden wie Operation und Bestrahlungstherapie in Schwerpunktzentren mit qualitativ hochwertiger und wissenschaftlicher Ausrichtung behandelt. In diesem Bereich wird ein qualitativ hochwertiges und zentriertes medizinisches Angebot von Politik, Fachgesellschaften und Patienten gefordert. Das palliativ intendierte Behandlungskonzept des watchful waiting des Prostatakarzinoms wird in der breiten Fläche ohne besondere Qualitätskontrollen, Zentrierung oder wissenschaftliche Ausrichtung behandelt. Dies, obwohl viel verpasst und verschleppt werden kann. Hier möchte das Institut für Prostataüberwachung einen neuen Qualitätsstandard setzen, ein Leuchtturm für diese wichtige medizinische Maßnahme und deren wissenschaftliche Weiterentwicklung darstellen und das Patientenwohl fördern.   

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